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Mahler with the Wiener Philharmoniker in Salzburg

Nelsons gelingt es, dieses auskomponierte Verlöschen in ein kaum mehr hörbares Pianissimo zu überführen, das ein Gefühl von Transzendenz auslöst.

BR-Klassik

„Vielleicht braucht es aber auch die Lesart von Andris Nelsons, um von der Deutung des finalen Adagios als ersterbendes Verlöschen oder des dritten Satzes als diabolisches Treiben auch mal wegzukommen. Es verklingen die Streicher und Holzbläser zwar oft genug in der Neunten. Ebenso oft blühen sie aber mit dem nächsten Atemzug wieder auf.

Keine Sentimentalität jedenfalls in der Lesart Nelsons‘ und der Wiener im Großen Festspielhaus; man inszenierte sich auch nicht als Wienerische Pompfüneberer. Vielmehr wurde den eschatologischen Momenten mit aufklärerischer Transparenz begegnet: Man konnte jeder instrumentalen Linie auch durch gröberes Getümmel folgen. Der zweite Satz, dieser überzeichnet bäurische Ländler in genagelten Bergschuhen, mit denen man flinkfüßig auch in den Walzerschritt wechseln kann: Das war kein Totentanz, eher ein duftiges Sich-lustig-Machen über Klischees wie Walzerseligkeit und Neujahrskonzert, das Nelsons ja kennt.“

Der Standard

„Dirigent Andris Nelsons macht die Modernität der Partitur in Richtung Zweite Wiener Schule durchaus hörbar, die harmonischen Kühnheiten und krassen Kontraste. Aber er ist kein bloßer Analytiker, der Mahlers Aus- und Abbrüche mit aller Schärfe herausstellen würde. Wie bei seinem Münchner Bruckner neulich bevorzugt er einen weich-gesanglichen Grundzug, von dem sich die großen Steigerungen umso wirkungsvoller abheben. Lustvoll lässt Nelsons die Pracht einer vergangenen Epoche im riesigen Kopfsatz aufschäumen, bevor Mahler die nostalgische Idylle gleich wieder zerschlägt. Umso mehr genießt Nelsons die kammermusikalischen Inseln der Schönheit – und die Wiener Philharmoniker kosten sie hingebungsvoll aus.

In den beiden Mittelsätzen geht es dann deutlich deftiger zur Sache. Wie ausgefuchste Dorfmusikanten legen sich die Wiener Philharmoniker in den bräsigen Ländlern und Walzer-Karikaturen des Scherzos ins Zeug, mit Wiener Schmäh und Wumtata. Aber ein Gefühl der Bedrohung bleibt unterschwellig immer spürbar. Auf die Spitze treibt es Mahler dann in der rabenschwarzen Rondo-Burleske – und Nelsons kehrt die ständigen Umbrüche dieses Totentanzes zwischen Kirmes und Galgenhumor pointiert heraus. Ein Parforceritt sondergleichen, den die Wiener da mit einer Brillanz hinlegen, dass man seinen Ohren nicht traut.

Zielpunkt und Herzstück von Mahlers Neunter ist das Schluss-Adagio, das Nelsons wunderbar aussingen lässt. Ein bewegendes Streicher-Unisono in Des-Dur leitet diesen großen Abgesang ein, der mit schmerzlichen Ausbrüchen aufwartet – zu Recht hat Giuseppe Sinopoli von der „Geste des Verlusts“ gesprochen, die hier spürbar wird. Am Ende lässt Mahler seine Neunte ätherisch verklingen, in völliger Ruhe und „ersterbend“, wie es in der Partitur mehrfach heißt. Nelsons gelingt es, dieses auskomponierte Verlöschen in ein kaum mehr hörbares Pianissimo zu überführen, das ein Gefühl von Transzendenz auslöst.“

BR-Klassik

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